Fehlgeburt

Ungewissheit, Schock, Trauer, Wut, Verzweiflung, Angst, Unsicherheit, Traurigkeit und vieles mehr. Egal, was du gerade spürst, ob du gerade die Diagnose der Fehlgeburt erhalten hast oder deine Fehlgeburt schon länger her ist, hier sind Informationen für dich, die dir helfen sollen, dich zu ordnen und informiert Entscheidungen zu treffen.

Ich erlebe gerade eine Fehlgeburt – was soll/kann ich jetzt tun?

Die wichtigste Antwort zuerst: Du hast keine Eile!

Treten keine Blutungen auf, erfahren wir von einer Fehlgeburt häufig frühzeitig durch einen Ultraschall, noch bevor unser Körper bemerkt hat, dass etwas nicht stimmt. Die Schwangerschaftszeichen wie Brustspannen, Übelkeit etc. verschwinden erst, nachdem die Schwangerschaftshormone abgefallen sind; dies kann etwa 2 Wochen oder manchmal auch etwas länger dauern. Kontraktionen der Gebärmutter und Blutungen können beginnen.

Probleme bei einer Fehlgeburt im ersten Schwangerschaftsdrittel treten sehr selten auf. Hier haben wir ein paar Zahlen für dich:

Infektionen: Infektionen können bei allen Behandlungsmöglichkeiten auftreten. Das Risiko für eine Infektion ist beim chirurgischen Management etwas höher als beim medikamentösen. Die Rate ist insgesamt jedoch sehr niedrig und liegt bei 1-2 % aller Frauen mit Fehlgeburten. (ACOG)

Blutungen: Starke Blutungen, die eine Aufnahme ins Krankenhaus notwendig machen (mit oder ohne Bluttransfusion), treten in 0,5-1 % der Fälle auf. (ACOG)

Man geht davon aus, dass circa jede 3. Frau im Laufe ihres Lebens eine Fehlgeburt erlebt. Manche Frauen* trifft das Erlebnis auch mehrere Male im Leben. Du bist nicht alleine in dieser Situation!

Was passiert eigentlich bei einer Fehlgeburt? 

Wir Hebammen des Vereines und auch die Fachwelt, die sich mit Fehlgeburten beschäftigt, sind der Meinung, dass Fehlgeburten im ersten Schwangerschaftsdrittel zur Physiologie des Frau*seins dazugehören. Frauen*körper sind fast immer in der Lage, diese Situation ohne große Komplikationen alleine zu bewältigen. Aus diesem Grund und wegen der Häufigkeit dieses Phänomens möchten wir eine Fehlgeburt im ersten Schwangerschaftsdrittel nicht als Pathologie bezeichnen. Kommt es beim komplexen Vorgang der Entstehung eines Menschen zu Problemen, erkennt der Körper der Frau dies. Die Fehlgeburt ist somit eine gesunde Reaktion des Körpers auf eine Situation, in der die normale Entwicklung einer Schwangerschaft aus unterschiedlichsten Gründen nicht möglich ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir dieses physiologische Geschehen einfach so hinnehmen sollen. Wir wollen Frauen darin bestärken, dass ihr Körper auch in so einer enttäuschenden Situation weiß, was zu tun ist, um wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Trauer und andere Gefühle zuzulassen, ist ebenso wichtig, wie eine mögliche Ursache abzuklären, vor allem wenn wiederholte Fehlgeburten auftreten. (In Österreich ist eine umfassende Abklärung der Fruchtbarkeit beider Partner*innen nach 3 Fehlgeburten üblich). 

Die Diagnose Fehlgeburt ist nicht selten ein Schock für Betroffene. Entscheidungen in einer Krisensituation zu treffen, ist niemals leicht, daher nimm dir die Zeit, die du brauchst, seien es Stunden oder Tage. Rasches Handeln ist nur in den seltensten Fällen medizinisch notwendig. Wir haben als Gesellschaft wenig Platz und Toleranz für Tod und Trauer, der Drang den „Normalzustand“ so schnell wie möglich wiederherzustellen, ist häufig groß. Spüre in dich hinein, ob dies der richtige Weg für dich ist, oder du mehr Zeit brauchst, um dich zu verabschieden und eine klare Entscheidung treffen zu können. Im Folgenden findest du Informationen über die Möglichkeiten, die du hast. Es gibt hierbei kein Richtig oder Falsch, solange du dich mit deinem Weg identifizieren kannst. 

Deine Möglichkeiten :

  1. Abwartendes Management
  2. Medikamentöse Einleitung
  3. Kürettage /Ausschabung der Gebärmutter

Abwartendes Management im 1. Trimenon (bis ca. Ende der 12. Schwangerschaftswoche)

Diesen Weg wählen Frauen aus unterschiedlichen Überlegungen. Manche möchten ihrem Körper die Zeit geben, die er braucht, um selbst die Schwangerschaft zu beenden; andere brauchen Zeit, sich zu verabschieden oder eine Entscheidung zu treffen. Auch die Angst vor einem Eingriff im Spital und vor der Vollnarkose kann dafür ausschlaggebend sein, dass sich Frauen* für das abwartende Management entscheiden. 

Du hast eine Blutung oder weißt, dass dein Kind/der Embryo nicht mehr lebt? Dann kannst du abwarten. Bei stabilem Kreislauf, moderaten Schmerzen und normal starker Blutung besteht kein Grund für medizinische Interventionen. Bei Unsicherheiten bezüglich Schmerzen oder Blutungsstärke wende dich an eine Hebamme oder eine/n Ärzt*in, die/der dich beim abwartenden Management begleitet. Die (kleine) Geburt kann zu Hause stattfinden. Umgib dich mit Menschen, die dich unterstützen und verabschiede dich auf deine Weise von der Schwangerschaft. Manchmal braucht es bis zu zwei Monatszyklen, bis die Fehlgeburt ganz abgeschlossen ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass in diesem Zeitraum ununterbrochen Blutungen oder Schmerzen auftreten! Noch vorhandenes Gewebe wird mit der Menstruation abgebaut und die hormonelle Situation pendelt sich wieder ein. 

In manchen Fällen dauert es länger als 1- 2 Wochen nach dem Absterben des Embryos/Tod des Kindes, bis die Blutung beginnt. Dann ist eine medizinische Begleitung zur Kontrolle nur bei Auffälligkeiten notwendig, kann aber beruhigend wirken und sinnvoll sein. Sprich darüber mit einer Hebamme und einem Facharzt/ einer Fachärztin. Ein klarer Vorteil des abwartenden Managements ist die Möglichkeit, sich jederzeit doch noch für einen anderen Weg entscheiden zu können.

Medikamentöse Einleitung

Der Ablauf einer Fehlgeburt kann durch die Einnahme von Medikamenten beschleunigt werden. Durch Misoprostol (Cytotec) oder Mifepriston (Mifegyne) wird die Geburt eingeleitet. Dieser Prozess kann einige Stunden oder manchmal auch Tage dauern. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Einnahme von Gestagenen über fünf bis sieben Tage. Nach dem Absetzen kommt es zu einer Abbruchblutung (wie bei der Pilleneinnahme), durch die die Fehlgeburt abgeschlossen werden kann. Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und/oder Durchfall können auftreten. Da es immer wieder auch zu verstärkten Blutungen kommen kann, empfehlen wir, diesen Weg in Begleitung mit einer Hebamme oder einem Facharzt/einer Fachärztin zu gehen. 

Je nach Situation und Wunsch der Frau ist der Einsatz von alternativ- und komplementärmedizinischen Methoden möglich. Diese können den Körper geburtsbereit machen, sodass er selbst dazu in der Lage ist, Wehen zu produzieren. 

Kürettage

Mit der Kürettage greifst du ebenfalls aktiv in das Geschehen ein und die Fehlgeburt wird beendet. Der abgestorbene Embryo/das tote Kind wird aus der Gebärmutter entfernt, dies passiert unter Vollnarkose. Es kann zu Verletzungen an der Gebärmutter oder zu Infektionen kommen, das Risiko dafür ist jedoch sehr gering. Die Diagnose Fehlgeburt alleine ist keine Indikation für eine Kürettage. Treten jedoch starke Blutungen, Kreislaufinstabilität oder Zeichen einer Infektion auf, ist der operative Eingriff empfohlen. Dasselbe gilt, wenn du dich für diesen Weg entscheidest. 

Was wir euch mitgeben möchten?

Es gibt nicht den einen passenden Weg, um mit deiner Fehlgeburt umzugehen. Es gibt nur den Weg, der im Moment der richtige Weg für dich/euch ist. Wie du diesen Weg gestalten möchtest, liegt (ohne Risikofaktoren) alleine bei dir. Aus wissenschaftlicher Sicht sind alle Methoden in Hinblick auf Effektivität und Risiken als gleichwertig zu betrachten und der Wunsch der Frau* gilt als ausschlaggebend für die gewählte Methode (ACOG, NICE)

Auch wenn Druck von außen kommen sollte, es ist ein Eingriff an DEINEM Körper, deswegen kann niemand diese Entscheidung für dich treffen und soll es auch nicht tun. Wir möchten dich so gut informiert wissen, dass du zu einer eigenen Entscheidung fähig bist. Auch deine Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt zu ändern, gehört zu deiner Entscheidungsfreiheit.